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Mittwoch, 7. Oktober 2015

Zeit hat man nicht. Zeit nimmt man sich...

für Dinge die einen wichtig sind. Um das Zitat von Andreas Franz Himmelstoß fortzusetzen. Passend zur Überschrift dreht es sich in diesem Blog-Eintrag neben meinen Erlebnissen als angehender Berufspilot hier in den USA auch darum, um die Kommunikation mit meiner Familie, Freunden und Verwandten, aber dazu später mehr.
 Voll bepackt mit tollen Sachen, die das Leben schöner machen


Es ist seit dem letzten Blog-Eintrag wieder etwas Zeit vergangen und ich bin in meiner Pilotenausbildung ein ganzes Stück weiter gekommen. Seit dem 04.09.2015 bin ich auch Privatpilot für einmotorige Landflugzeuge. Die Ausbildung lief dieses Mal fast reibungslos und so wie ich es mir vorgestellt habe, dank meinem Ausbilder James, der mich voller Tatenkraft unterstützt hat.
Es lief alles nach Plan, bis zur letzten Prüfung (check ride), da geriet ich an einen Prüfer der es anscheinend nicht gelernt hat mit Menschen vernünftig umzugehen. „Menschenführung 2000“ (wie wir es bei der Bundeswehr genannt haben). Dazu muss ich kurz erklären wie so ein „check ride“ normalerweise abläuft, wie bei den meisten Prüfungen gibt es einen theoretischen und einen praktischen Teil. Nach dem alle Formalitäten (Logbook check, ID-check, etc.) abgeschlossen sind, beginnt die theoretische Prüfung, die alle Bereiche der Ausbildung abdeckt. In der man meistens Situationsbedingte Fragen gestellt bekommt, wie z.B.: „Sie sind Privatpilot und möchten einen Flug mit einem Fluggerät antreten, was für Dokumente müssen Sie dabei haben und welche Dokumente müssen im Fluggerät vorhanden sein?“ Diese Fragen muss man halt nach besten Wissen und Gewissen beantworten.

Wenn die theoretische Prüfung für den Prüfer zufriedenstellend war geht es nahtlos über in die praktische Prüfung, zuvor wird noch einmal besprochen wer das Kommando über das Fluggerät hat um Missverständnisse zu vermeiden. So ruhig und besonnen wie sich der Prüfer in der Theorieprüfung verhielt, war er im Flugzeug nicht mehr. Er schrie mich den ganzen Flug über an, ich solle doch dies und das tun und das so wie er es für richtig hielt. Dazu kam noch, dass an diesem Tag eine andere Landebahn offen war als gewöhnlich (von der ich während der gesamten Ausbildung noch nicht geflogen war), sodass ich diesen Prüfungsflug nicht bestanden hatte. Im ersten Moment war ich natürlich ein wenig enttäuscht, im Nachhinein zog ich für mich aber das positive aus der ganzen Situation heraus und sagte mir, bei der nächsten Prüfung ist die Situation wieder ganz anders und meine begangenen Fehler (mich dermaßen ablenken zu lassen) werde ich arbeiten.

Als nächstes stand dann ein Wiederholungsflug mit meinem Ausbilder an, da aber James zu dem Zeitpunkt nicht mehr an der Flugschule war und er seinen neuen Airline-Job in New York angetreten hatte, vollzog ich einen Wiederholungsflug, in dem alle Sachen wiederholt werden müssen die der Prüfer für angemessen hält, mit meinen neuen und jetzigen Ausbilder Adrian. Danach war ich dann also bereit für den 2. Versuch der praktischen Prüfung. Wieder mit demselben Prüfer stieg ich eine Woche später erneut in das Flugzeug um den Prüfungsflug zu bestreiten. Der Prüfer verhielt sich genauso wie beim ersten Mal, er schrie mich wieder den ganzen Flug über lautstark an und ich solle dies und jenes so und so tun. Und ich dachte oh je oh je, es geht schon wieder los, ich blieb aber trotzdem ruhig und tat mein bestes. Vom Vertrauen zu mir als angehenden Pilot keine Spur.
Natürlich machte ich unter diesem Druck Fehler und so kam es, dass er mich wieder durchfallen ließ. In einer Situation war ich sogar wie erstarrt, eingefroren sozusagen und konnte nur noch geradeaus fliegen, was der Prüfer in diesem Moment von mir wollte konnte ich nicht ausführen. Erst ein paar Sekunden später realisierte ich was er von mir wollte, angeblich hat mein Motor des Flugzeuges gebrannt. Alles natürlich nur simuliert und als Pilot geht man in solch einer Notsituation mit Hilfe von checklisten eben die erforderten Schritte, Schritt für Schritt durch. Nach dem wir dann wieder gelandet waren, bedauerte er zutiefst mir mitteilen zu müssen, dass ich wieder durchgefallen sei und noch mehr üben muss. Ich dachte mir nur so, dein Mitleid kannste getrost stecken lassen.
Zu diesem Zeitpunkt stand für mich aber schon längst fest, den nächsten Prüfungsflug nicht wieder mit demselben Prüfer zu absolvieren. So sprach ich auch direkt nach dem Flug mit Paul, den Chef-Ausbilder hier in der Flugschule und erklärte ihm meine Situation und wie der Prüfungsflug von Statten ging. 
Danach war ich voller Zuversicht, da ich mich auf Paul zu 100% verlassen kann und so absolvierte ich erneut mit Adrian einen Wiederholungsflug und bekam dann auch 5 Tage später einen weiteren Termin für die Prüfung, diesmal mit Mary. Einer älteren netten Dame, mit ihr hatte ich im Vorgespräch (warum und wieso ich bis jetzt durchgefallen war) schon ein sehr gutes Gefühl und wusste, dass ich diesmal die Prüfung auch bestehen werde. Und so kam es auch, es war ein sehr angenehmer Prüfungsflug so wie er, meiner Meinung nach und auch der von Mary, auch sein sollte. Denn jeder weiß gut genug, dass man als Prüfling schon von vornherein etwas angespannt ist, und wenn dann noch ein Prüfer kommt der einen die ganze Zeit anschreit und zusätzlich unter Druck setzt, ist das alles andere als hilfreich.
Als ich dann die provisorische Pilotenlizenz für einmotorige Landflugzeuge in den Händen hielt, war für mich eh der ganze Stress und Ärger der letzten zwei Wochen mit dem anderen Prüfer vergessen und ich war nur noch glücklich und zufrieden es geschafft zu haben. Frei nach dem Motto: „Ich verliere nicht. Entweder ich gewinne oder ich lerne!“  Wenn man es ganz genau und auch wörtlich nimmt habe ich Lehr-Geld bezahlt, so wie es damals üblich war um ausgebildet zu werden und nur wer Fehler macht kann auch daraus lernen.
                                                  
      Flughafen Walla Walla, im Bundesstaat Washington

Nach der bestanden PPL für Landflugzeuge legte ich eine kleine aber feine Auszeit ein. Ich fuhr einen Tag lang in die Wildnis, besser gesagt an einen der für mich mit schönsten Orte hier in Oregon, an den „lost lake“. Der lost lake liegt direkt am Fuße des Mount Hood, was ein sehr bekannter und schneereicher Berg hier in meiner Nähe ist. Von Ed, den ich aus der Kirche kenne lieh ich mir ein Kayak und verbrachte einen wunderschönen Tag auf dem Gletschersee. Es gab nur die Natur und mich, einfach atemberaubend schön. Und ich werde nächstes Jahr gewiss etwas mehr Zeit dort verbringen. Aber seht selbst.
  Das ist er, der lost lake mit Mount Hood im Hintergrund

     Es war ein Wunderschöner Tag an einem wunderschönem Ort


So, nun aber zum eigentlichen Hauptthema diesen Blog-Eintrags. Dank Internet und Telefon ist es heutzutage relativ leicht auch über große Entfernungen miteinander zu kommunizieren. Mit meinen Eltern, die keinen Internetanschluss haben, telefoniere ich regelmäßig und wir tauschen uns über Neuigkeiten aus. Und da gibt es ja noch Skype, damit telefoniere ich mit meiner Schwester und mit Freunden. Der Vorteil ist, dass man sich halt auch sehen kann, was ich sehr schätze. Mit den meisten meiner Freunde und Bekannten aus Deutschland schreibe ich aber über WhattsApp oder über Facebook, oder halte alle Interessierten eben hier durch diesen Blog auf dem Laufenden.
So wie die Zeit hier für mich vergeht, vergeht sie natürlich auch für alle anderen und die Lebensumstände ändern sich bei dem ein oder anderen. Die einen gründen eine Familie, die anderen bauen Häuser. Wahnsinn ich freue mich riesig für euch, auch wenn ich den einen oder anderen schon längere Zeit nicht mehr gesehen habe.

Worüber ich mich auch sehr gefreut habe ist, dass mich meine Freunde Wicky und Matthias mit Töchterchen Helena aus Erfurt, mich hier im Juni dieses Jahres besucht haben. Sie haben ihre Hochzeitsreise durch die USA gemacht, das heißt sie fuhren mit dem Auto die Westküste Amerikas entlang. Von Seattle nach San Francisco und wieder zurück, sie haben sich damit einen Traum erfüllt und mich noch besucht, was gibt es schöneres. Ich habe die drei ein Stück auf ihrer Tour durch die USA, entlang des Columbia River George begleitet und ich glaube sie werden nicht das letzte Mal in den USA gewesen sein, es hat den drei hier sehr gut gefallen. Danke nochmal an dieser Stelle für den kurzen aber schönen Besuch von euch.
    Meine Freunde Wicky und Matthias aus Erfurt auf ihrer Hochzeitsreise durch die USA

Einige Freunde habe ich im Laufe der Zeit auch aus den Augen verloren aber dank Facebook dann doch wieder gefunden. Genauso wie alte Kameraden von der Bundeswehr, die ich zwar schon ein paar Jahre lang nicht mehr gesehen habe aber genau weiß, dass sie meinen Blog verfolgen. Und wie es immer so schön heißt, man sieht sich immer zweimal im Leben, und egal wo das auch immer das sein mag, ich freue mich darauf zu erfahren was ihr so erlebt habt. Aber auch meine Freunde hier in Amerika, die ich im Laufe der Zeit geschlossen habe stehe ich eng in Kontakt. So hatte mich zum Beispiel Tim, mein alter Hubschrauberausbilder zu seiner Hochzeit hier in Portland eingeladen. Besser gesagt ich war einer seiner Trauzeugen, was sehr interessant war, denn ich hatte keine Ahnung was ein Trauzeuge so ausmacht. Zum Glück war ich aber nicht der einzige, denn die anderen zwei Trauzeugen hatten auch keinen Plan.
 Die Hochzeit war ein Mix aus italienischer, deutscher und amerikanischer Kultur. Alessandra, die Braut stammt ursprünglich aus Italien, Tim ist deutscher und das ganze fand in Amerika statt. Es war sehr lustig und etwas chaotisch aber letztendlich hat es dem Brautpaar sehr gefallen und alles lief so wie sie es sich vorgestellt hatten, was ja die Hauptsache war. 
 Das glückliche Brautpaar, Alessandra aund Tim

In meinen diesjährigen vier wöchigen Deutschland Urlaub über Weihnachten und Neuhjahr werde ich natürlich versuchen, alle Verwandten und so viele Freunde wie möglich zu besuchen. Was nicht immer leicht ist alles unter einen Hut zu kriegen, jeder kennt das man kann sich halt nicht zerteieln. Aber Freundschaft kennt keine Grenzen und nicht vergessen, Zeit hat man nicht. Zeit nimmt man sich...!  
An dieser Stelle, vielen Dank an alle meine Freunde und Bekannten die mich kennen. Danke, dass es euch gibt! 

 
Sonnenuntergang über dem Flughafen hier in Troutdale

 
Ausbildungstechnisch stecke ich momentan in der Instrumentenflugausbildung, die ein Teil der Berufspilotenausbildung ist, aber dazu mehr im nächsten Blog-Eintrag.

 Viel Spaß beim Lesen, mit den Bildern und bis bald.
  Oregon und Washington von oben

   Der Ort Hood River aus 8500 Fuß höhe