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Mittwoch, 14. Januar 2015

Neues Jahr - neues Glück



Es ist ein bisschen Zeit vergangen seit dem letzten Blog-Eintrag und wir haben mittlerweile schon Anfang Januar. Wow, wer hätte das gedacht, nun bin ich schon gut 6 Monate in Amerika und es ist in dieser Zeit hier eine Menge passiert.
Mittlerweile habe ich nun schon über 80 Flugstunden gesammelt und stehe kurz vor meinem Stage 2 check, mit dem sich die Flugschule hier absichert, dass man auch alles verstanden hat und im Flug anwenden kann, bevor man zum sogenannten „check ride“, also der theoretischen und praktischen Prüfung mit einem Prüfer der FAA (Federal Aviation Administration), zugelassen wird. Wahrscheinlich rollt jeder, der „über 80 Flugstunden“ hört, erstmal mit den Augen und kann kaum glauben, dass ich mit der Privatpilotenlizenz noch nicht fertig bin. Aber: Manche Leute brauchen eben etwas mehr und andere weniger Flugstunden. Man könnte es mit Autofahren vergleichen: Einige Menschen verstehen es gleich, dass sie an einem „Stop“-Schild anzuhalten haben und andere, brauchen dafür ein paar Fahrstunden mehr und dann gibt es noch die unbelehrbaren, wie die Amerikaner, die es offenbar nie begreifen, dass „STOP“ auch Stopp bedeutet und nicht „fahr weiter“! Wenn ich von jedem Amerikaner 10 USD für jedes überfahrene STOPP-Schild bekommen würde, wäre ich wahrscheinlich schon reicher als Bill Gates! Aber selbst die Police officer halten sich nicht daran, sie gehen als schlechtes Beispiel voran, aber so sind sie halt, die Amerikaner, Hauptsache einen dicken Pick-up Truck fahren. Frei nach dem Motto: „Breit fahren, schmal denken!“ :-)
Das ich die Statistik sprenge, liegt in meinem Fall wohl eher daran, dass ich Anfang meiner Ausbildung hier einen schlechten Fluglehrer hatte. So musste mich dann mein neuer Fluglehrer Tim, bei dem ich seit August bin, erst einmal etwas „umpolen“ und mir das Hubschrauberfliegen richtig beibringen, was natürlich nicht mit 3 Flugstunden erledigt war. Dazu kommt dann noch, dass ich ja nicht der einzige Flugschüler von Tim bin. Wie ihr euch denken könnt, hat er noch 3, 4 andere Studenten, sonst würde er ja verhungern. Denn alle internationalen Fluglehrer sind nur in Teilzeit angestellt, dass heißt: Es verdient nur der Geld, der auch mit uns Fliegt oder die mit uns Theorie macht. Was ich persönlich sehr traurig finde, Teilzeit angestellt zu sein heißt nämlich auch sich selbst versichern zu müssen, was eine ganze Menge Kosten verursacht. Der einzige Vorteil aus meiner Sicht ist der, dass die Flugstunden die der Student fliegt, der Ausbilder auch auf sich schreiben kann, und so wichtige Erfahrungen sammelt. Eigentlich der Hauptgrund warum so viele Leute die Ausbildung in den USA machen, wenn man denn einen Job als Fluglehrer bekommt.
Fluglehrer war von Anfang an nicht mein oberstes Ziel und stellt für mich nur eine Option dar, meine Devise lautet:  alles „step by step“! Erst einmal die Privat- und dann die Berufspilotenlizenz zu machen und dann weiter zu sehen, um mich am Markt zu profilieren.
Das Wetter war auch nicht immer auf meiner Seite und es gab drei, vier Wochen wo das Fliegen wegen starkem Wind und Eisregen unmöglich war. Was mich doch schon sehr deprimiert hat, da ich jemand bin der im Fliegen am Ball bleiben muss um vorwärts zu kommen. Auf jeden Fall kann ich jetzt aus tiefster Überzeugung von mir behaupten, dass ich den Hubschrauber sicher beherrsche und auf dem besten Weg bin ein guter Pilot zu werden.

Noch ein wenig zu meiner Wohnsituation. Den ersten Monat wohnte ich noch ganz allein im Apartment und habe mich damit auch ganz gut arrangiert. Ende Juli erfuhr ich, dass ich einen italienischen Mitbewohner bekommen würde, der für drei Wochen bleiben soll und nur zum Flugstundenaufbau kommt. Cool, dachte ich,  jeden Tag Pasta und Pizza, das wird bestimmt lustig, aber Pustekuchen! Denn mein neuer Mitbewohner war kein Italiener sondern ein Schweizer. In Geografie haben die Amerikaner anscheinend auch nicht so gut aufgepasst. Egal, wir haben uns jedenfalls auf Anhieb gut verstanden. Er kam zwar aus dem französisch sprechenden Teil der Schweiz, konnte aber sehr gut Deutsch sprechen, was die Verständigung natürlich erheblich erleichterte. Die erste Woche war er ganz allein hier, in der zweiten Woche hat ihn dann ein Freund aus der Schweiz besucht, der nur für eine Woche blieb, mit dem ich mich auch sehr gut verstanden habe. Wir waren auch zu dritt im Japanischen Garten in Portland und haben uns die Gegend ein wenig angeschaut. In seiner dritten Woche besuchte ihn ein weiterer Freund aus der Schweiz, den ich von der ersten Sekunde an schon nicht leiden konnte. Man kennt das ja, entweder kann man jemanden „riechen“ oder eben nicht. Seit September habe ich eine neue Mitbewohnerin, Renate, die schon etwas älter als ich ist und ursprünglich aus Österreich stammt aber in der Schweiz lebt. Mit ihr versteh ich mich auch sehr gut.

Noch kurz eine andere Geschichte. Da es mit der Flugschule hier für mich nicht gerade gut angefangen hat und ich auch zwischendurch ein paar schulische Rückschläge einstecken musste, spielte ich mit dem Gedanken, die Flugschule hier in Oregon zu verlassen und wo anders die Pilotenausbildung fortzusetzen. Ich mag die Sonne und das Meer so sehr, dass ich mich kurzer Hand dazu entschlossen hatte, nach meiner Privatpilotenlizenz hier die Zelte abzubrechen und auf Hawaii die Ausbildung zu beenden. So war der Plan und ich war fest überzeugt, dass auf Hawaii alles besser werden würde, obwohl mir mein deutscher Fluglehrer Tim erzählt hat, dass auch schon Flugschüler von dort wieder zurück zu Hillsboro Aviation gekommen sind. Das wollte ich aber nicht wahr haben und habe diese Information irgendwo hinten in meinem Kopf verdrängt. Um alles in Sack und Tüten zu wissen, kontaktierte ich auch gleich die neue Flugschule auf Hawaii und erkundigte mich über die benötigten Papiere, um einen reibungslosen Übergang zu schaffen. Ich habe dann aber den Rat bekommen, mir doch lieber erst einmal die Flugschule auf Hawaii persönlich anzuschauen, damit ich nicht wieder auf die Nase falle, falls die Flugschule dort nicht so das Gelbe vom Ei sein sollte. So überlegte ich mehrere Stunden hin und her. Die Worte von Tim fielen mir plötzlich auch wieder ein. Was tun? Alle Zelte abbrechen und meine neu gewonnenen Freunde verlassen für etwas, wo ich mir nicht mehr sicher war, dass es dort besser sein würde? Nach reiflicher Überlegung fasste ich dann endgültig den Endschluss die Pilotenausbildung doch bei Hillsboro Aviation im Bundesstaat Oregon zu Ende zu bringen. Die Flugschule hat zwar ihre Fehler, aber mit denen weiß ich mittlerweile ganz gut umzugehen und ich weiß auch, was ich hier erwarten kann und was nicht. Man kennt eben seine Pappenheimer! Außerdem wäre mir der Abschied sehr schwer gefallen, denn gute Freunde zu finden ist schwer und ich habe es hier am anderen Ende der Welt geschafft. Sowas wirft man nicht einfach weg. Deshalb bleibt momentan erst einmal alles wie es ist. Im Nachhinein wären mir die ganze Ausbildung und der Lebensunterhalt auf Hawaii doch erheblich teurer gekommen als hier in Oregon, wo es eben keine Mehrwertsteuer gibt. Das Geld, was ich so spare, kann ich jetzt für einen schönen Urlaub zum Tauchen auf Hawaii ausgeben.

Noch ein wenig zu meinen Leben neben der Flugausbildung, denn wie man sich denken kann, muss man auch mal irgendwie abschalten und den Kopf frei kriegen. Ich bin viel mit  meinem Ausbilder Tim und seinem Namensvetter, einem Schweizer, unterwegs. Wir gehen gemeinsam ins Fitnessstudio, was hier mit 10 USD pro Monat extrem günstig ist, fahren ab und zu mal nach Portland zum Shoppen oder Tanzen. Dabei haben wir viel Spaß! Zu Halloween sind wir gemeinsam mit einem Mietwagen für 3 Tage nach Corvellis, was 2 Stunden entfernt von Portland liegt, gefahren, weil wir zu einer typisch amerikanischen Hausparty (verschiedene Leute treffen sich in einem Haus, wo es Getränke aus roten Plastikbechern gibt und quatschen mit ein paar anderen Leuten, wie im Film) eingeladen waren. Danach ging es weiter zu einer halloweentypischen Kostümparty in einem Club. Ein Kostüm zu finden, war easy, Flightsuit an (großer Strampler für Piloten), Kostüm fertig. Übrigens, das Lieblingskostüm der Amerikaner ist, sich als „Bayer“ mit Lederhosen oder Dirndl zu verkleiden, da stehen sie total drauf.
Am nächsten Morgen gab es dann ein typisches „American Breakfast“ und last but not least ging es am Abend noch zum College-Football Game mit ca. 40.000 anderen Leuten, Oregon State Beavers versus California Bears. Schon erstaunlich, dass zu einem College-Football Game schon allein knapp 40.000 Zuschauer kommen, für 30 USD war die Karte auch recht erschwinglich. Was mich vor allem sehr überrascht hat, war, dass es keine Ausschreitungen, Randale oder sonst der gleichen gab. Es wurde auch kein Alkohol ausgeschenkt, was vielleicht auch seinen Teil dazu beigetragen hat, mir hat es im Großen und Ganzen sehr gut gefallen. Tim (der andere) hatte mir nebenbei auch die Spielregeln erklärt, so dass ich ein bisschen Durchblick hatte und einigermaßen wusste, was da eigentlich auf dem Spielfeld vor sich ging.

Mein Ziel war es eigentlich, bis Ende des Jahres mit der Privatpilotenausbildung hier fertig zu werden. Doch die tolle Flugschule bekommt es irgendwie nicht gebacken, für die bereiten Flugschüler zeitnah einen FAA Prüfer zu organisieren, sodass ich erst im diesem Jahr meine Privatpilotenausbildung beenden und dann endlich mit der weiterführenden Berufspilotenausbildung beginnen kann. Zu dem kommt noch, dass sich Hillsboro Aviation Inc. umorganisiert hat. Heißt, alles was bei Hillsboro Aviation mit Flugausbildung zu tun hat nennt sich ab sofort „Hillsboro Aero Academy“ und der Vorsitzende versicherte uns in einem Meeting, dass sich alles zum Besseren wenden wird. So bin ich, wie viele andere Flugschüler, ja mal gespannt, was sich wirklich zum Besseren verändert und werde berichten.

Weihnachten verbrachte ich übrigens in Deutschland! Mitte Dezember kam ich in der guten alten Heimat an und konnte das Fest mit der Familie zelebrieren. Es ist schön sämtliche Freunde und Familie wieder gesehen zu haben (in Erfurt war ich auch). Am 15.1.15 geht es zurück. Was danach kommt, erzähle ich euch beim nächsten Mal. :-)

Und hier noch ein paar Eindrücke von Seattle mit dem legendären „Space Needle“ und von der Pazifikküste Oregons. Viel Spaß beim Lesen und ich wünsche euch allen ein gesundes neues Jahr, bis bald!


Welcome to Seattle
Die Stadt mit dem berüchtigten Space Needle


          
 Der Hafen                 von Seattle


 Ausblick vom Space Needle



Der berühmte "Farmers Market" in Seattle, den man
sich auf jeden Fall nicht entgehen lassen sollte.



Westküste                  Oregons


Fluglehrer Tim, Tim und ich
Egla wie oder was man im Leben verändert, es ist immer ein Sprung ins Ungewisse.
So wie der Surfer, der die Welle sieht und mutig hinein springt.