Es ist ein
bisschen Zeit vergangen seit dem letzten Blog-Eintrag und wir haben
mittlerweile schon Anfang Januar. Wow, wer hätte das gedacht, nun bin ich schon
gut 6 Monate in Amerika und es ist in dieser Zeit hier eine Menge passiert.
Mittlerweile
habe ich nun schon über 80 Flugstunden gesammelt und stehe kurz vor meinem
Stage 2 check, mit dem sich die Flugschule hier absichert, dass man auch alles
verstanden hat und im Flug anwenden kann, bevor man zum sogenannten „check ride“,
also der theoretischen und praktischen Prüfung mit einem Prüfer der FAA
(Federal Aviation Administration), zugelassen wird. Wahrscheinlich rollt jeder,
der „über 80 Flugstunden“ hört, erstmal mit den Augen und kann kaum glauben,
dass ich mit der Privatpilotenlizenz noch nicht fertig bin. Aber: Manche Leute
brauchen eben etwas mehr und andere weniger Flugstunden. Man könnte es mit
Autofahren vergleichen: Einige Menschen verstehen es gleich, dass sie an einem
„Stop“-Schild anzuhalten haben und andere, brauchen dafür ein paar Fahrstunden
mehr und dann gibt es noch die unbelehrbaren, wie die Amerikaner, die es
offenbar nie begreifen, dass „STOP“ auch Stopp bedeutet und nicht „fahr
weiter“! Wenn ich von jedem Amerikaner 10 USD für jedes überfahrene STOPP-Schild
bekommen würde, wäre ich wahrscheinlich schon reicher als Bill Gates! Aber
selbst die Police officer halten sich nicht daran, sie gehen als schlechtes
Beispiel voran, aber so sind sie halt, die Amerikaner, Hauptsache einen dicken
Pick-up Truck fahren. Frei nach dem Motto: „Breit fahren, schmal denken!“ :-)
Das ich die
Statistik sprenge, liegt in meinem Fall wohl eher daran, dass ich Anfang meiner
Ausbildung hier einen schlechten Fluglehrer hatte. So musste mich dann mein
neuer Fluglehrer Tim, bei dem ich seit August bin, erst einmal etwas „umpolen“
und mir das Hubschrauberfliegen richtig beibringen, was natürlich nicht mit 3
Flugstunden erledigt war. Dazu kommt dann noch, dass ich ja nicht der einzige
Flugschüler von Tim bin. Wie ihr euch denken könnt, hat er noch 3, 4 andere
Studenten, sonst würde er ja verhungern. Denn alle internationalen Fluglehrer
sind nur in Teilzeit angestellt, dass heißt: Es verdient nur der Geld, der auch
mit uns Fliegt oder die mit uns Theorie macht. Was ich persönlich sehr traurig finde,
Teilzeit angestellt zu sein heißt nämlich auch sich selbst versichern zu
müssen, was eine ganze Menge Kosten verursacht. Der einzige Vorteil aus meiner
Sicht ist der, dass die Flugstunden die der Student fliegt, der Ausbilder auch
auf sich schreiben kann, und so wichtige Erfahrungen sammelt. Eigentlich der
Hauptgrund warum so viele Leute die Ausbildung in den USA machen, wenn man denn
einen Job als Fluglehrer bekommt.
Fluglehrer
war von Anfang an nicht mein oberstes Ziel und stellt für mich nur eine Option
dar, meine Devise lautet: alles „step by
step“! Erst einmal die Privat- und dann die Berufspilotenlizenz zu machen und
dann weiter zu sehen, um mich am Markt zu profilieren.
Das Wetter
war auch nicht immer auf meiner Seite und es gab drei, vier Wochen wo das
Fliegen wegen starkem Wind und Eisregen unmöglich war. Was mich doch schon sehr
deprimiert hat, da ich jemand bin der im Fliegen am Ball bleiben muss um
vorwärts zu kommen. Auf jeden Fall kann ich jetzt aus tiefster Überzeugung von
mir behaupten, dass ich den Hubschrauber sicher beherrsche und auf dem besten
Weg bin ein guter Pilot zu werden.
Noch ein
wenig zu meiner Wohnsituation. Den ersten Monat wohnte ich noch ganz allein im
Apartment und habe mich damit auch ganz gut arrangiert. Ende Juli erfuhr ich,
dass ich einen italienischen Mitbewohner bekommen würde, der für drei Wochen
bleiben soll und nur zum Flugstundenaufbau kommt. Cool, dachte ich, jeden Tag Pasta und Pizza, das wird bestimmt
lustig, aber Pustekuchen! Denn mein neuer Mitbewohner war kein Italiener
sondern ein Schweizer. In Geografie haben die Amerikaner anscheinend auch nicht
so gut aufgepasst. Egal, wir haben uns jedenfalls auf Anhieb gut verstanden. Er
kam zwar aus dem französisch sprechenden Teil der Schweiz, konnte aber sehr gut
Deutsch sprechen, was die Verständigung natürlich erheblich erleichterte. Die
erste Woche war er ganz allein hier, in der zweiten Woche hat ihn dann ein
Freund aus der Schweiz besucht, der nur für eine Woche blieb, mit dem ich mich
auch sehr gut verstanden habe. Wir waren auch zu dritt im Japanischen Garten in
Portland und haben uns die Gegend ein wenig angeschaut. In seiner dritten Woche
besuchte ihn ein weiterer Freund aus der Schweiz, den ich von der ersten
Sekunde an schon nicht leiden konnte. Man kennt das ja, entweder kann man
jemanden „riechen“ oder eben nicht. Seit September habe ich eine neue
Mitbewohnerin, Renate, die schon etwas älter als ich ist und ursprünglich aus
Österreich stammt aber in der Schweiz lebt. Mit ihr versteh ich mich auch sehr
gut.
Noch kurz
eine andere Geschichte. Da es mit der Flugschule hier für mich nicht gerade gut
angefangen hat und ich auch zwischendurch ein paar schulische Rückschläge
einstecken musste, spielte ich mit dem Gedanken, die Flugschule hier in Oregon
zu verlassen und wo anders die Pilotenausbildung fortzusetzen. Ich mag die
Sonne und das Meer so sehr, dass ich mich kurzer Hand dazu entschlossen hatte,
nach meiner Privatpilotenlizenz hier die Zelte abzubrechen und auf Hawaii die
Ausbildung zu beenden. So war der Plan und ich war fest überzeugt, dass auf
Hawaii alles besser werden würde, obwohl mir mein deutscher Fluglehrer Tim
erzählt hat, dass auch schon Flugschüler von dort wieder zurück zu Hillsboro
Aviation gekommen sind. Das wollte ich aber nicht wahr haben und habe diese
Information irgendwo hinten in meinem Kopf verdrängt. Um alles in Sack und
Tüten zu wissen, kontaktierte ich auch gleich die neue Flugschule auf Hawaii
und erkundigte mich über die benötigten Papiere, um einen reibungslosen
Übergang zu schaffen. Ich habe dann aber den Rat bekommen, mir doch lieber erst
einmal die Flugschule auf Hawaii persönlich anzuschauen, damit ich nicht wieder
auf die Nase falle, falls die Flugschule dort nicht so das Gelbe vom Ei sein
sollte. So überlegte ich mehrere Stunden hin und her. Die Worte von Tim fielen
mir plötzlich auch wieder ein. Was tun? Alle Zelte abbrechen und meine neu
gewonnenen Freunde verlassen für etwas, wo ich mir nicht mehr sicher war, dass
es dort besser sein würde? Nach reiflicher Überlegung fasste ich dann endgültig
den Endschluss die Pilotenausbildung doch bei Hillsboro Aviation im Bundesstaat
Oregon zu Ende zu bringen. Die Flugschule hat zwar ihre Fehler, aber mit denen
weiß ich mittlerweile ganz gut umzugehen und ich weiß auch, was ich hier
erwarten kann und was nicht. Man kennt eben seine Pappenheimer! Außerdem wäre
mir der Abschied sehr schwer gefallen, denn gute Freunde zu finden ist schwer
und ich habe es hier am anderen Ende der Welt geschafft. Sowas wirft man nicht
einfach weg. Deshalb bleibt momentan erst einmal alles wie es ist. Im
Nachhinein wären mir die ganze Ausbildung und der Lebensunterhalt auf Hawaii
doch erheblich teurer gekommen als hier in Oregon, wo es eben keine
Mehrwertsteuer gibt. Das Geld, was ich so spare, kann ich jetzt für einen
schönen Urlaub zum Tauchen auf Hawaii ausgeben.
Noch ein
wenig zu meinen Leben neben der Flugausbildung, denn wie man sich denken kann,
muss man auch mal irgendwie abschalten und den Kopf frei kriegen. Ich bin viel
mit meinem Ausbilder Tim und seinem
Namensvetter, einem Schweizer, unterwegs. Wir gehen gemeinsam ins
Fitnessstudio, was hier mit 10 USD pro Monat extrem günstig ist, fahren ab und
zu mal nach Portland zum Shoppen oder Tanzen. Dabei haben wir viel Spaß! Zu
Halloween sind wir gemeinsam mit einem Mietwagen für 3 Tage nach Corvellis, was
2 Stunden entfernt von Portland liegt, gefahren, weil wir zu einer typisch
amerikanischen Hausparty (verschiedene Leute treffen sich in einem Haus, wo es
Getränke aus roten Plastikbechern gibt und quatschen mit ein paar anderen
Leuten, wie im Film) eingeladen waren. Danach ging es weiter zu einer
halloweentypischen Kostümparty in einem Club. Ein Kostüm zu finden, war easy,
Flightsuit an (großer Strampler für Piloten), Kostüm fertig. Übrigens, das
Lieblingskostüm der Amerikaner ist, sich als „Bayer“ mit Lederhosen oder Dirndl
zu verkleiden, da stehen sie total drauf.
Am nächsten
Morgen gab es dann ein typisches „American Breakfast“ und last but not least
ging es am Abend noch zum College-Football Game mit ca. 40.000 anderen Leuten,
Oregon State Beavers versus California Bears. Schon erstaunlich, dass zu einem
College-Football Game schon allein knapp 40.000 Zuschauer kommen, für 30 USD
war die Karte auch recht erschwinglich. Was mich vor allem sehr überrascht hat,
war, dass es keine Ausschreitungen, Randale oder sonst der gleichen gab. Es
wurde auch kein Alkohol ausgeschenkt, was vielleicht auch seinen Teil dazu
beigetragen hat, mir hat es im Großen und Ganzen sehr gut gefallen. Tim (der
andere) hatte mir nebenbei auch die Spielregeln erklärt, so dass ich ein
bisschen Durchblick hatte und einigermaßen wusste, was da eigentlich auf dem
Spielfeld vor sich ging.
Mein Ziel
war es eigentlich, bis Ende des Jahres mit der Privatpilotenausbildung hier
fertig zu werden. Doch die tolle Flugschule bekommt es irgendwie nicht
gebacken, für die bereiten Flugschüler zeitnah einen FAA Prüfer zu
organisieren, sodass ich erst im diesem Jahr meine Privatpilotenausbildung
beenden und dann endlich mit der weiterführenden Berufspilotenausbildung
beginnen kann. Zu dem kommt noch, dass sich Hillsboro Aviation Inc.
umorganisiert hat. Heißt, alles was bei Hillsboro Aviation mit Flugausbildung
zu tun hat nennt sich ab sofort „Hillsboro Aero Academy“ und der Vorsitzende
versicherte uns in einem Meeting, dass sich alles zum Besseren wenden wird. So
bin ich, wie viele andere Flugschüler, ja mal gespannt,
was sich wirklich zum Besseren verändert und werde berichten.
Weihnachten
verbrachte ich übrigens in Deutschland! Mitte Dezember kam ich in der guten
alten Heimat an und konnte das Fest mit der Familie zelebrieren. Es ist schön
sämtliche Freunde und Familie wieder gesehen zu haben (in Erfurt war ich auch).
Am 15.1.15 geht es zurück. Was danach kommt, erzähle ich euch beim nächsten
Mal. :-)
Und hier
noch ein paar Eindrücke von Seattle mit dem legendären „Space Needle“ und von
der Pazifikküste Oregons. Viel Spaß beim Lesen und ich wünsche euch allen ein
gesundes neues Jahr, bis bald!
Welcome to Seattle Die Stadt mit dem berüchtigten Space Needle |
Der Hafen von Seattle
Ausblick vom Space Needle
Der berühmte "Farmers Market" in Seattle, den man sich auf jeden Fall nicht entgehen lassen sollte. |
Westküste Oregons
Fluglehrer Tim, Tim und ich |
Egla wie oder was man im Leben verändert, es ist immer ein Sprung ins Ungewisse. So wie der Surfer, der die Welle sieht und mutig hinein springt. |